Unsere Kultus-Herren meinten immer, sie könnten stolz auf unsere deutschen Pädagogen sein. Die pädagogischen Impulse aus anderen Kulturen und Ländern wurden immer nur von kleinen Gruppen aufgenommen, die den harten Weg der Auseinandersetzung mit einer allmächtigen Kultus-Bürokratie eingingen.
Einsicht gab es nur in Sonderfällen: Die katholische Maria Montessori, Freie Schulen kaum, Waldorf bei Eigenfinanzierung, … aber Grundlegendes änderte sich nur mühsam: Wir gehen in einer Veranstaltungsreihe im Nord-Süd-Forum München den Eindrücken, Methoden, Spuren und Theorien nach.
„Unter Halbbildung (verstand bereits die Reformpädagogik) eine Bildung, die von den Lebenswelten und den konkreten Sozialisationserfahrungen der Lernenden abstrahierte, ein Wissen, das ihnen lediglich aufgepfropft wurde, sie aber nicht in der Tiefe ihrer Persönlichkeit erreichte. Adorno bewertet die Verbreitung von Halbbildung in unserer Gesellschaft als Verfallserscheinung der Bildung, die von den Lebens- und Sozialisationsbedingungen der kapitalistischen Industriegesellschaft hervorgetrieben wird. Die Idee der Bildung als Herstellung eines mündigen Subjekts wird von den Vergesellschaftungstendenzen der fortgeschrittenen Industriegesellschaft unterlaufen.
Eine marktorientierte Vermittlung von Bildungsinhalten sowie die kulturindustrielle Berieselung und Durchdringung des gesellschaftlichen Alltags sorgen dafür, dass Bildung sich als oberflächliche und flüchtige Informiertheit artikuliert, nicht aber als kritische Bildung des Bewusstseins.– Halbbildung als „vergesellschaftete Verfallsform von Bildung“ beruht auf willkürlicher Aneignung beliebiger Bildungselemente, die die Macht- und Herrschaftszentren vor allem aber die Kulturindustrie liefern. Das halbgebildete Bewusstsein ist inkonsistent, diskontinuierlich, instabil und daher grundsätzlich manipulierbar.“ Erziehung_und_Bildung_BERNHARD S. 20
Das entspricht auch den aktuell COVID-Massnahmen.
2021 feiern wir 100 Jahre Paulo Freire

Paulo Freire *19.9.2019 hatte ab den 1970er Jahren für alle international und pädagogisch Denkenden eine besondere Bedeutung:
Das Wort von den Unterdrückten, die Frage der Befreiung, auch in der Theologie, die Hoffnung gegen alle Macht der Diktatoren – trägt sie auch gegen die Macht der Vermarktungen?

Augusto Boal hatte eine Ästhetik der Unterdrückten geschrieben, in der es um diese Mächte geht:
Wer übersetzt und überträgt sie in unseren Kontext?
Die Gedanken und pädagogischen Ansätze von Paulo Freire waren in den siebziger Jahren so revolutionär, dass sie viele Menschen weltweit begeisterten. Konservativen Politikern und PädagogInnen erschienen sie (manchen bis heute) zu „verdächtig“, um sie in unsere Praxis umzusetzen. Ausführlicher: http://coforum.de/?677 (-Links dort sind veraltet!)
Von Alphabetisierung, „educación popular“, solidarischer Ökonomie, lokaler Politik, Bewegung arbeitender Kinder, Konzepte für viele Basisorganisationen, Bildung für nachhaltige Entwicklung, bis zu demokratischer Unternehmensführung gehen die „Auswirkungen“ der „befreienden Pädagogik“ von Paulo Freire.

Das „Theater der Unterdrückten“, das Augusto Boal im Kontext entwickelte, die „ Partzipativen Haushalte“ (Bürgerhaushalte) sowie die Arbeit an der „Lernenden Organisation“ bezieht den Hintergrund von ihm, die Idee des Weltsozialforum entstand im Porto Alegre..
Im Jahr 1994 hatte die Paulo Freire Gesellschaft ihren Inspirator Paulo Freire in München und in verschiedenen europäischen Städten zu Gast, seine geplante Reise 1996 musste aus gesundheitlichen Gründen abgesagt werden, er wollte dabei gerne Habermas zum Gespräch treffen, was für eine gemeinsame Tagung spannend gewesen wäre … Am 2.Mai 1997 ist er dann 75jährig in Sao Paulo (Brasilien) verstorben. Sein Denken trägt weiterhin Früchte.

TheaterMachtPolitik AG SPAK Verlag
100 Jahre Paulo Freire –
50 Jahre Pädagogik der Unterdrückten

Anfang der 1970er Jahre erschienen Artikel in Zeitschriften und hektografierte Blätter (den Spiritus-Geruch der clandestinen Erleuchtung im Gegensatz zu den muffigen Schulbüchern tragend) mit den Grund-Ideen der Pädagogik der Unterdrückten, und die Bewegungen im Trikont, der „3. Welt“ neben den aufgeteilten Blöcken von Kapitalismus und Diktatur des Proletariat im Kalten Krieg erschienen allen politisch denkfähigen Leuten damals befreiend:
Noch hatten nicht alle Kolonien sich von den ausbeutenden Nord-Ländern losgesagt, noch gab es den Bund der Blockfreien, die auch in der UNO am Gewicht schieben konnten, noch hatte die Nazi-Pädagogik den Prügel-Stock nicht abgegeben: „A Watschn hot no koam gschodt!“ behaupteten die CSUler im Landtag auf den Antrag von Hildegard Hamm-Brücher, die körperlichen Strafen abzuschaffen.
Doch sie hatten die autoritäre Gläubigkeit hinein geprügelt bekommen, und kaschieren sie bis heute als rassistische Abschiebe- und Polizeiminister mit neuen Uniformen und Pistolen …
Eine Pädagogik der Hoffnung?


Aktuell hat sich wieder mal herausgestellt, dass die berüchtigten Versuche „Abraham“ manipuliert waren: Der Mensch wäre kein Folterer seiner Mitmenschen, würde er nicht dazu gemacht: Ist der Mensch gut?
Ein Kind möchte lernen, und wer mit kleinen Heranwachsenden vor der Schule zu tun hat, weiß, dass er kaum genug antworten kann. Dann sollen sie still sitzen und schweigen. Der Drill von Klosterschule und Militarismus gibt nun die Antworten, die dann auf Anpassung, Gehorsam und Ersatz-Konsum hinauslaufen.
„Wenn jedeR nur kauft, was sie /er wirklich braucht, geht unser Kapitalismus zu Grunde!“
Gemeinschaftliches Forschen, wie es Paulo Freire mit seinen Studierenden begann, auch um ein Alphabetisierungs-Projekt für das damals in den 1960er Jahren im Ansatz demokratisch werdende Brasilien zu entwickeln … Es wird in der nächsten Zeit neu damit beginnen müssen. Aber dafür hat es jetzt auch gute bewusstseinsbildende Musik
Befreit euch von eurem schlechten Gewissen!

Beim großen Treffen in München 1994 im Gewerkschaftshaus stellten wir etliche Szenen als Forumtheater vor, das Paulo Freire als die glücklichste Umsetzung seiner Gedanken bezeichnete. Das „Theater der Unterdrückten“, das Augusto Boal im Kontext entwickelte, die „Partzipativen Haushalte“ (Bürgerhaushalte) sowie die Arbeit an der „Lernenden Organisation“ bezieht den Hintergrund von ihm, die Idee des Weltsozialforum entstand im Porto Alegre.
Forschung in Veröffentlichungen der letzten Jahre in internationalen Universitäten:
paulo-freire-muenchen.blogspot.com/2020/12/was-ist-kritische-padagogik-e-wayne.html
paulo-freire-muenchen.blogspot.com/2020/12/erweiterung-des-kreises-der-kritischen.html
Kann Lernen wirklich Freude machen? Flavia Mädche zu Paulo Freire und der Pädagogik der Unterdrückten
1994 waren die entwicklungspolitischen Gedanken noch nicht so sehr in unserer Gesellschaft verankert, der in fast allen Einrichtungen und Parteien herrschende Antikommunismus hinderte auch die Leitung der LMU, der Münchner Universität, den Gast aus Brasilien zu begrüßen, sie kamen lieber über die Hintertür auf die Bühne, als dem 35fachen Ehren-Doktor bei der Würdigung ihrer eigenen neuen Doktoren vorgestellt zu werden:
Dr. Flavia Mädche hatte an der LMU mit einer Arbeit über Freire’s Befreiende Pädagogik promoviert Kann Lernen wirklich Freude machen und freute sich, ihr Vorbild an der Hochschule begrüßen zu können, aber … sie waren zu feige, ihm zu begegnen ….
Die Lernende Organisation
ist eine Fortführung der Ideen von Paulo Freire in den USA in der Unternehmens-Entwicklung: www.de.wikipedia.org/wiki/Lernende_Organisation
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